Nach Umsetzung des Stalindekretes zur Bodenreform wurde zuerst in Sachsen und dann in der gesamten sowjetischen Besatzungszone Grundbesitz über 100 h entschädigungslos enteignet. Zur Durchführung dieser Bodenreform ist am 01.04.1946 in Unterlauterbach im Rahmen der Gemeinde eine Bodenreformkommission gegründet worden, Vorsitz R. Weller. Die Aufgabe war, den enteigneten Rittergutsbesitz einschließlich Wald von insgesamt 292 ha aufzuteilen.
Laut einem Protokoll aus dem Staatsarchiv Chemnitz zur Aufteilung des Rittergutes Unterlauterbach "steht aber das gesamte lebende und tote Inventar einschließlich des Erntebestands auf den Feldern im Eigentum des Pächters Oskar Delling. Der Pächter ist somit einem Gutseigentümer unter 100 ha gleichzustellen. Das Inventar gelangt deshalb nicht zur Aufteilung". Die örtliche Boden-reformkommission hat sich jedoch darüber hinweggesetzt und die entschädigungslose Aufteilung auch des Inventars zügig vorangetrieben. Um dies zu vertuschen, wurde später Oskar Delling fälschlicherweise als Gutsverwalter benannt. Geschaffen wurden 6 Neubauernstellen von je 10 ha landwirtschaftlicher Fläche und 2 ha Wald. Für 4 Neubauernstellen wurde dazu der Wirtschaftshof entsprechend der vorgesehenen Nutzung aufgeteilt (vgl. Abb. 9 a). Die vormaligen drei Gespannführer des Gutshofes z.B konnten sich nun freuen, eigenes geschenktes Land zu besitzen und dazu noch Pferd und Wagen. Der Wald half einigen, wenn auf dem Feld nicht viel gewachsen ist, die Kasse mit Holzverkauf aufzubessern.
Dabei wurde die geschlossene Hofbebauung bewusst durch bauliche Grenzabstände zerstört. Es war sicher kein geordnetes Vorgehen, sondern die schnelle Schaffung von Neubauernstätten, ganz im Sinne der politischen Ideologie (s. Abb. 6 und 7). Dazu sind jeweils Stallungen und Scheunen aus den vorhandenen Gebäuden durch Rückbau, Umbau etc. errichtet bzw. hergerichtet worden. Die restlichen Agrarflächen des Rittergutes wurden an landarme Bauern, weitere Siedler und die Gemeinde Unterlauterbach verteilt. Den größten Teil des Waldes erhielt das Land Sachsen. Das Herrenhaus mit Gutspark wurde am 30. April 1947 der Gemeinde Unterlauterbach übereignet. Somit war der Grundbesitz von Carl Ferdinand Adler aufgeteilt und mit Schreiben des Landrates vom 1. Oktober 1945 entschädigungslos enteignet. Das Gleiche galt für das Inventar von Pächter O. Delling.
C.F.Adler und Oskar Delling schrieben dann an die Bodenreformkommission und entsprechende Stellen im Landratsamt und Dresden, die Enteignung zumindest teilweise rückgängig zu machen und C.F. Adler etwas Land und das Herrenhaus zu belassen und das Inventar zu überdenken, aber ohne Erfolg. Ein weiterer Versuch, ersatzweise „… das Gutshaus nebst Garten …“ zu behalten, in dem immer noch ca. 30 Flüchtlinge untergebracht waren, hatte ebenfalls keinen Erfolg. C. F. Adler mit seiner Familie ist jedoch der Ausweisung aus dem Gutshaus und ebenfalls dem zwangsweisen Abtransport nach Rügen entgangen. Seine Enkeltochter Edith Bayerlein, geb. Landmann, sowie der langjährige Pächter Oskar Delling, dessen Vertrag an sich noch bis 1953 datiert war, erhielten als Abmilderung eine Neubauernstelle auf dem Gutshof zugesprochen.
Eine kleine Episode verhinderte den Abriss des Gutshauses. Das Herrenhaus hatte, wie üblich, die Hausnummer 1, als die Verfügung der Sowjetischen Militär-Administration (SMAD) kam, das Gebäude Nr.1 abzureißen. Es waren über 30 Personen, darunter viele Flüchtlinge, im Herrenhaus untergebracht. Den Beauftragten erschien es verantwortungslos, dies auszuführen. Sie versuchten einen Trick und wechselten die Hausnummer 1 des Herrenhauses mit der der Försterei (Abb. 8) aus. Dann wurde entsprechend die eher unbedeutende 1½-geschossige Försterei als Hausnummer 1 abgebaut. Der Trick war gelungen. Es sind keine negativen Folgen aufgrund des Handels bekannt geworden.
Respekt den damaligen Verantwortlichen!
In der folgenden Nachkriegszeit gelang es Oskar Delling, nach schwierigen Übergangsjahren den nun eigenen Hof aus Bodenreform wieder zu einem leistungsfähigen landwirtschaftlichen Betrieb aufzubauen. Die anderen Neubauern hatten es bedeutend schwerer, da ihnen die betriebswirtschaftliche Qualifikation und das eigentliche Fachwissen gefehlt hat. Die Folge war baldiges Aufgeben der Neubauernstellen oder Wirtschaften ohne nennenswerten Ertrag. Doch auch das war politisches Kalkül. In die schnell aufgegebene Neubauernstelle Bayerlein, nachfolgend Kropf folgte dann unter Leitung von Karl Franta, dem ehemaligen Melker vom Rittergut, der erste Aufbau eines LPG-Betriebes, die Kälberaufzuchtstation Unterlauterbach. Später wurden dann im Rahmen der sozialistischen Landwirtschaft ständige Um- und Ausbauten vorgenommen wie Offenstallhaltung, Einbau einer Melkanlage und Errichtung eines Melkhauses dazu, sowie die Erweiterung des Heubodens und des Kuhstalles auf die volle Länge des Ostflügels. Die beiden anderen Bauern vom Westflügel waren schon Ende der 50-Jahre in die LPG eingetreten. Oskar Delling trat erst 1961 mit Abschluß der Kollektivierung in die LPG ein. Aufgrund seiner bedeutenden Erfahrung im Führen eines großen Bauernhofes wurde er als Produktionsleiter Feldbau eingestellt und war noch viele Jahre tätig.